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Raus aus dem Teufelskreis
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Donnerstag, 28. Juni 2018 um 14:15

Offene Tischkussionen beim Junglandwirte-Lunch auf dem Bauerntag

„Streiten ist das eine. Aber was hilft es uns und der Gesellschaft, wenn die Fronten so verhärten, dass sich keine Kompromisse mehr finden lassen?“, fragt Kathrin Muus. Die stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend (BDL) beantwortet die rhetorische Frage auch gleich: „Nichts. Das hat jede der vielen Tischkussionen beim Junglandwirte-Lunch gezeigt. Die Offenheit, mit der wir heute debattiert haben, muss Feindbilder aufbrechen. Nur so lässt sich die Landwirtschaft der Zukunft gestalten.“

Gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband (DBV) hatte der BDL am Mittwoch zum Junglandwirte-Lunch eingeladen, um bei Bratkartoffeln und Frikadellen eine besondere Herausforderung zu tischkutieren: „Tierwohl vs. Umweltschutz?! - Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Nutztierhaltung“ hieß es bei der quasi ersten Veranstaltung des Deutschen Bauerntages.
Für ordentlichen Zündstoff sorgten die zwei sehr gegensätzlichen Auftakt-Redner noch vor dem Essen. Weder der Landesvorsitzende des NABU Nordrhein-Westfalen Josef Tumbrinck, noch die praktische Landwirtin Gabriele Mörixmann, die einen Aktivstall für Schweine konzipiert und aufgebaut hat, nahm ein Blatt vor den Mund. Auch wenn sich die eine zwischen Umweltschutz und Tierwohl zerrieben fühlt und sich der andere als Umweltschützer engagiert, sind beide nah beieinander. Gemeinsam mit dem fast 100-köpfigen Publikum steht für sie fest: „Klar ist, wir wollen und brauchen Tierhaltung.“
So formulierte es jedenfalls Josef Tumbrinck. Der NABU-Vertreter ging noch weiter: „Die zentrale Frage ist doch: Zahlt der Verbraucher höheres Tierwohl und besseren Umweltschutz? Wenn das nicht gelingt, dann laufen wir zusammen in eine Sackgasse. Als Tierhalter ist man an den Standort gebunden und kann nicht einfach umziehen.“

„Ich will mehr fürs Tier machen und investieren und werde dafür abgestraft“, stellte Gabriele Mörixmann gleich zu Beginn fest. Die Nähe zum Kunden sei immens wichtig, um Akzeptanz in der Bevölkerung zu gewinnen, betonte sie. „Die Gestaltung der Landwirtschaft in Deutschland liegt in der Hand aller - nicht nur in unserer Hand als Landwirte oder der der Umwelt- oder Naturschützer. Die Verantwortung liegt bei uns gemeinsam“, machte die engagierte  Schweinehalterin wiederholt deutlich. Josef Turmbrinck sprach da sogar von einer „Schicksalsgemeinschaft“. Denn eins liege auf der Hand: „Wir brauchen funktionierende landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland aber auch in Europa.“ Viel mehr brauchte es nicht, um die vielen einzelnen Tischkussionen zu befeuern. Der Redebedarf war enorm, denn jede und jeder hatte seine eigenen Erfahrungen, die sich beim Essen kanalisierten. Es wurde deutlich, dass es vor Ort durchaus viel Verständigung gibt, „auch wenn man sich vorne auf die Füße tritt.“ So verhärtet, wie die Fronten erscheinen, seien sie oft gar nicht. Zugleich gab es auch viele Beispiele, die weder ökonomisch noch ökologisch Sinn machten, sondern schlicht Schreibtischregelungen seien, die für die Praxis nicht taugten. „Mehr Umweltschutz und mehr Tierwohl geht nur mit fairen Preisen für die Arbeit der Landwirte. Wenn wir für unsere Produkte nicht angemessen bezahlt werden, müssen wir wohl oder übel billiger produzieren, damit wir nicht aufgeben müssen. Das geht aber nicht mit den bestmöglichen Tierwohlmaßnahmen einher, die wir unseren Tieren bieten möchten“, stellt BDL-Vize Kathrin Muus fest. Eine gesellschaftlich gewollte, zukunftsfähige Landwirtschaft müsse diesen Teufelskreis durchbrechen, stellt sie klar. Das aber gehe nur mit der Gesellschaft – mit den Umwelt- und Tierschützern, mit den Verbrauchern. „Lasst uns miteinander reden. Gemeinsam geht da wirklich viel“, wiederholte die junge Frau das Gesprächsangebot und Statement der Eingangsrednerin Gabriele Mörixmann. Oder um es mit dem NABU-Vertreter Josef Tumbrinck zu sagen: „Ich sehe hier die Zukunft der Landwirtschaft. Wir haben keine Zeit mehr abzuwarten, wir brauchen eine Allianz aller Beteiligten. Jetzt. Das ist euer Momentum.“

 

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