Deutscher Bauerntag in Stuttgart - „Der Dampf im Kessel ist groß“
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Mittwoch, 08. Juli 2009 um 13:46
Mit 522 von 538 gültigen Stimmen wurde Gerd Sonnleitner auf dem Stuttgarter Bauerntag am Mittwoch mit einer überwältigenden Mehrheit der Delegierten als Präsident des DBV wiedergewählt. Sonnleitner wies vorab in seiner Rede auf die vielen großen und kleinen Erfolge des DBV in den letzten Monaten hin. Zum einen wurde bei den Demonstrationen in Berlin, Frankfurt und Luxemburg gezeigt, dass die Landwirte Missstände nicht vorbehaltlos hinnehmen. „Der Dampf im Kessel ist groß – nicht nur, aber besonders wegen der Milch“, so Sonnleitner. „Aber wir erfahren auch viel Unterstützung von den Landfrauen und der Landjugend. Unser Einsatz hat sich ausgezahlt.“

Der große Schritt, der beim Agrardiesel nach vorne gemacht worden sei, reiche zwar nicht, sei aber mehr als nur ein „Fliegenschiss“. Denn bei vielen Betrieben zähle zurzeit jeder Euro und mit „Wolkenkuckucksheimen und imaginären Systemwechseln“ sei keinem Bauern aus der konkreten Not geholfen. Der Präsident forderte die Politik auf, sich nicht nur für Autohersteller und Banken, sondern mit konkreten Maßnahmen auch für die Landwirte einzusetzen. Beim Agrardiesel wolle er eine vollständige Gleichstellung mit den Berufskollegen aus anderen europäischen Ländern. In Deutschland gelte immer noch ein im Europavergleich zu hoher Steuersatz, den es in der nächsten Legislaturperiode zu korrigieren gelte. „Denn wir sind die Grundlage für eine der großen Wirtschaftsbranchen in unserem Lande. Wir brauchen Ermutigungen und Anschub, nicht ständig neue Bremsklötze“, sagte Sonnleitner.

In den letzten Monaten sei erreicht worden, dass tierische Fette wieder an Nichtwiederkäuer verfüttert werden dürfen und dass beim Pflanzenschutzrecht ein akzeptabler Kompromiss mit dem EU-Parlament, Rat und EU-Kommission geschlossen wurde. „Jüngstes Beispiel ist, dass der Bundestag den Gesetzentwurf für CO2-Lager neu schreiben muss, denn so kann man mit Landwirten und Grundeigentümern nicht umspringen“, kritisierte Sonnleitner. Auch in der Agrarsozialpolitik sei beim Gesundheitsfonds eine Benachteiligung der landwirtschaftlichen Krankenkassen verhindert worden, und die Reform der landwirtschaftlichen Unfallversicherung führe zu einer deutlichen Entlastung für die Bauernfamilien.

„Die Erhöhung der Milchquoten haben wir von vorneherein strikt abgelehnt und leider doppelt und dreifach Recht behalten“, blickte Sonnleitner zurück. Der DBV hoffe, dass die nun im August angekündigte Milchmarktanalyse der EU zu vernünftigeren Einschätzungen führe.

Sonnleitner betonte, dass Demonstrationen zum richtigen Zeitpunkt unerlässlich seien, aber „wir als Bauernverband sind keine Krawallmaschinen, sondern unsere Interessenvertretung steht für Überzeugungsarbeit, Glaubwürdigkeit, hohe Fachlichkeit, aber auch Fähigkeit zur Selbstkritik. Das muss auch in Zukunft unser Pfund sein, mit dem wir wuchern.“

Die Verbandskommunikation gehöre zu den sensibelsten Bereichen, denn die Mitglieder erwarteten schnelle und hochwertige Informationen. Die Kritik, die der DBV in Bezug auf die Aktivitäten im Internet ausgesetzt war, wertete Sonnleitner als ungerechtfertigt. Der Deutsche Bauernverband stehe  „sowohl gedruckt als auch online“ für eine transparente und ehrliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit. „So habe wir auch grundsätzlich nichts gegen eine Veröffentlichung von EU-Zahlungen, die nach Deutschland fließen. Aber ich bleibe dabei, dass eine selektive Veröffentlichung einer einzelnen Berufsgruppe falsch ist.“

Gerd Sonnleitner bedankte sich für die Unterstützung, die er und seine Vizepräsidenten erführen. Vor allem die Unterstützung, die er und seine Familie erfahren hätten, als gegen ihn als Person gehetzt worden sei, sei überwältigend gewesen. Auch von den über 500 Anwesenden erhielt er stehende Ovationen. „Zu mir gehört eine bäuerliche Wesensart: ganz oder gar nicht!“, rief Sonnleitner zum Ende der Rede.

Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel  bereits zum dritten Mal beim Deutschen Bauerntag zu Gast war, wertete Sonnleitner als starkes Zeichen für ihre Verbundenheit mit den Bauernfamilien, der gesamten Land-, Agrar- und Ernährungswirtschaft und dem Deutschen Bauernverband. „Sie, Frau Merkel, kämpfen mit vollem Einsatz gegen die Krise und schnüren Konjunkturpakete, damit der Kollaps auf den Märkten verhindert wird“, sagte Sonnleitner. Die Krise habe auch die Bauern erwischt und aus dieser Misere müsse man wieder herauskommen. 380.000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland sind seiner Ansicht nach „mit Sicherheit“ systemrelevant. „Das Motto des Deutschen Bauerntages wir ackern für Deutschland ist gut, aber derzeit ackern wir mit viel Frust und Groll“, berichtete Sonnleitner. Er bat die Bundeskanzlerin die Sorgen und Nöte der Bauern genauso Ernst zu nehmen wie die der Banken und Autohersteller. „Es muss das Ziel, dass die Bauern von ihrer harten Arbeit wieder leben können“ stellte Sonnleitner heraus.

Angela Merkel gratulierte Gerd Sonnleitner zu seiner überwältigen Mehrheit und betonte: „Einigkeit ist wichtig und ich komme gerne zum dritten Mal zum Deutschen Bauerntag, denn für mich ist der ländliche Raum bedeutend.“ Die Herausforderungen für den ländlichen Raum seien weiterhin, die Kulturlandschaft zu erhalten und Lebensmittel zu produzieren. Ein wesentlicher Aspekt, an dem die Politik sich auch beteilige, sei eine stärkere Absatzförderung, allerdings sei es in dieser Frage nicht immer einfach mit der EU zu verhandeln. Auch die Breitbandförderung werde von der Regierung weiterhin unterstützt. „Die verzerrten Wettbewerbsbedingungen beim Agrardiesel sind bekannt und – ich sage dies jetzt als Parteivorsitzende – ich werde mich für eine Verlängerung der Entlastungen einsetzen“, so Merkel.

Die deutsche Landwirtschaftspolitik stehe in ganz engen Verpflichtungen mit der Agrarpolitik der EU. Die 50 Milliarden Euro, die Deutschland von der EU erhält, seien keine Almosen, sondern eine positive Unterstützung für den ländlichen Raum. „Auch weltweit muss sich noch einiges ändern. Der DBV hat sich nie gegen einen freien Handel gesträubt und sich immer für einen fairen Wettbewerb eingesetzt“, dankte Merkel den Bauern.

„Es gibt fünf Punkte, die ich für den ländlichen Raum für sehr wichtig halte.“  Die Kanzlerin zählte dazu eine breite Eigentumsstreuung gerade im ländlichen Raum, denn Eigentum sei ein wichtiger Stabilisierungsanker. Auch bei der Neuregelung der Erbschaftssteuer seien wichtige Veränderungen erreicht worden. „Wir wollen das landwirtschaftliche Betriebe ihr Eigentum weitervererben können“, sagt Merkel. Zweitens will Merkel die Produktivität der Mittelstandsmitglieder im ländlichen Raum fördern. „Es wird in Deutschland auf sehr hohem Niveau nach guter fachlicher Praxis produziert, und wir brauchen somit keine zusätzliche Bodenschutzrichtlinie aus der EU.“ Weiterhin sprach sie allen Betriebsarten gleiches Existenzrecht zu und warnte davor, dass die Politik Betriebsarten gegeneinander ausspielt.

Es sei wichtig, dass auch der DBV die Interessen der Bauern bündele. Merkel will sich daneben für eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln einsetzen. Auch hier dürften keine Produktionslinien, wie ökologische und konventionelle Produktion, gegeneinander ausgespielt werden. Zu guter Letzt sprach sich die Bundeskanzlerin für eine Unterstützung von neuen Technologien aus. „Jeder fünfte Euro wird in der Landwirtschaft inzwischen im Export verdient, deswegen müssen wir uns für eine Exportförderung stark machen“, forderte Merkel. Wichtig sei, dass ein Äquivalent zur CMA und eine gemeinsames Marketing für landwirtschaftliche Produkte entwickelt werde.

Speziell ging die Bundeskanzlerin auf die Probleme im Milchsektor ein. „Auch hier ist es wichtig, dass ein breiter Zusammenhalt herrscht und das – zumindest innerhalb des DBV – eine Linie gefahren wird“, so Merkel. In der EU fehlt es ihr an Sensibilität für das Thema. „Hier muss bis 2015 ein anderes Regime her, und es muss den Landwirten aus der Krise geholfen werden. Wir haben aber EU-Kommissarin Fischer Boel überzeugt, dass noch vor den Sommerferien etwas in Angriff genommen wird und bauen nun auf ein konstruktives Umsetzen der Ergebnisse aus der Marktanalyse.“ Auch die Bundesregierung müsse ebenfalls noch Hausaufgaben machen, denn die Absatzstrukturen bei den Lebensmittelketten und die Meiereistrukturen seien in Deutschland nicht ideal.

Wichtig sei, auch in außergewöhnlichen Situationen vernünftig zu diskutieren. „Es geht nicht, dass Zusammenschlüssen von Meiereien Steine in den Weg gelegt werden, Wir werden auch von der politischen Seite her alle mögliche Unterstützung bieten“, sagte die Bundeskanzlerin zu.

Quelle: Bauernblatt Schleswig-Holstein, 03.07.2009
 
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